Ich habe nette Kollegen. Wir kommen gut miteinander aus, wir unterstützen uns gegenseitig, Abteilungsgrenzen sind uns egal und mit einigen meiner Kollegen kann ich auch mal einen trinken gehen. Eigentlich. Denn letzte Woche war das ganz anders. Letzte Woche hatte ich meine erste Trainingseinheit. Letzte Woche habe ich das erste Mal in meinem Leben ein Fitness-Studio betreten. Und für einen ganz kurzen Moment mochte ich letzte Woche meine Kollegen nicht. Wie eine Traube standen sie um mich herum, als ich das erste Mal aus rein sportlichen Gründen ein Fitnessgerät benutzt habe – ein Laufband übrigens. Aber sie waren nicht zum Gucken da, wie ich erst befürchtet hatte. Sie waren einfach nur da, um mich zu begrüßen und mir viel Erfolg zu wünschen. Dafür vielen Dank, das hilft ungemein.
Überlegungen zur Motivations-Kurve oder: Jeder nur ein Kreuz
Seitdem ist eine Woche vergangen, ich habe drei Mal trainiert und einiges gelernt und einiges gelitten. Ich habe nach Sarahs Trainingsplan trainiert, der hat neun Stationen. Ich beginne mit einer Aufwärmeinheit auf dem Laufband – und ich muss zugeben, dass ich dabei schon manchmal ans Aufhören denke. Meine Motivation gleicht dabei in etwa einer Sinus-Kurve. Wenn ich aufsteige, habe ich die Motivation zu laufen und die ersten Meter steigt sie sogar. Doch dann kullert der erste Schweißtropfen, dann beginnt die Mundatmung, dann fängt das Ziehen in der Wade an. Wann hört das endlich auf? Bald versichert mir Sarah und treibt mich noch ein wenig weiter an.
An das Aufwärmen schließen sich sieben Übungen an verschiedenen Kraftgeräten an: Mein Kreuzweg oder passion of Christian. Dabei habe ich gelernt: jeder nur ein Kreuz! Denn die Geräte sind oft knapp. Wer nur auf dem Gerät sitzt und sich dabei am besten noch mit den Nachbarn unterhält, macht sich nicht beliebt. Auch nicht bei mir, dabei würde ich selbst gerne reden.
Feilschen leider zwecklos
Die Übungen sind … ich weiß nicht … es sind Übungen. Mit Sarah muss ich vor jeder Übung natürlich feilschen. Ich sage: „Stufe 5 klingt sehr vernünftig.“ Sie sagt: „Du schaffst locker auch Stufe 6.“ Ich schaffe Stufe 6 dann auch. Nach 20 Wiederholungen fühle ich mich dann aber schon ziemlich gerädert und beginne wieder mit Sarah zu feilschen. Ich sage: „Das waren erst zehn Sekunden Pause.“ Sie sagt: „Das war schon eine Minute.“ Zeit ist halt relativ.
Zum Abschluss schickt Sarah mich zur Cardio-Einheit: mindestens 30 Minuten auf einem Ausdauergerät meiner Wahl. Ich wähle das Recumbent Bike. Da kann ich lesen. Vorher gibt Sarah mir noch etwas mit auf den Weg: „Wenn Du morgen oder übermorgen keinen Muskelkater bekommst, passen wir das Programm an.“ Ist das eine Ankündigung? Eine Drohung, Feststellung oder Befürchtung? Manchmal liegt das im Tonfall ganz nah beieinander. Beim Training grüble ich ein wenig darüber nach und schon sind 45 Minuten rum. Ich hätte länger gekonnt, aber irgendwann will ich auch nach Hause.
So verlief meine erste Trainingseinheit und die beiden folgenden waren recht ähnlich. Obwohl mir das zweite Mal ein wenig anstrengender vorkam. Wahrscheinlich weil Sarah trotz leichtem Muskelkater die Dosis ein wenig erhöht hat. Am Sonntag habe ich die Cardio-Einheit im Studio durch eine Fahrrad-Tour ersetzt. Da ich mich grandios verfahren habe, habe ich immerhin 42 km geschafft.
Gepriesen sind die Skifahrer
Nach einer Woche muss ich trotzdem leider gestehen: Ich bin noch nicht restlos begeistert vom Sport. Aber wie ein Kollege mir erzählte, kann sich das schnell ändern. Wenn man das erste Mal spürt, dass man fitter ist, wenn man den ersten Kilometer wesentlich schneller zurücklegt oder zehn Kilogramm mehr auf die Hantel legen kann oder fünf Kilo weniger auf der Waage hat. Dann beginnt es auch wirklich Spaß zu machen. Ich nehme Dich beim Wort!
Vielleicht ist das mit dem Spaß bei mir wie mit dem Skifahren. Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich sage: „Ich war der schlechteste Ski-Anfänger seit Beginn der Aufzeichnungen.“ Nach zwei Tagen gab der Skigruppen-Leiter mich auf und ich musste mir den Rest selbst beibringen. Und ich hätte da gerne auch aufgehört, aber ich habe weitergemacht und bald den Spaß daran gefunden. Mittlerweile fahre ich alle Pisten: Schwarz, Mausefalle oder Harikiri bei allen Schneebedingungen: Eis, Sulz oder Tiefschnee. Es sieht nicht schön aus, wenn ich Ski fahre. Orthopäden kaufen Ihren Töchtern den zweiten Benz, wenn Sie mich sehen. Aber ich komme überall sehr sicher, ziemlich schnell und mit einer Menge Spaß runter, weil ich eben dabei geblieben bin und nicht aufgegeben habe. So soll das auch beim Training sein.
Und dieses Mal habe ich sogar noch einige Vorteile. Ich habe Sarah, die mir als Trainerin zur Seite steht. Ich habe Kraftgeräte, die mich bei der Ausführung der Übungen unterstützen – ich muss mir also über Stil und schlechte Haltung nicht so viele Gedanken machen. Und ich habe Kollegen, die mir zunicken und mir viel Erfolg wünschen. Das ist schön und daher freue ich mich auch auf meine zweite Woche.
Nächste Woche lasse ich mir an dieser Stelle von Sarah erklären, was ich da überhaupt mache und erzähle Euch, mit welchem Gerät ich mich so gar nicht anfreunden kann.