Gemeinsames Laufen – darüber habe ich einen Artikel geschrieben? Welcher Teufel hat mich da geritten, haben mich alle guten Geister verlassen? Man läuft alleine! Alleine laufen ist eine der schönsten Sachen, die es beim Sport gibt.
Und dafür gibt es gute Gründe. Ich widerspreche mir zwar öfter, aber sehr sehr selten öffentlich. Ihr seid also Zeugen von etwas sehr Seltenem, wenn ich Euch die Gründe darlege, warum alleine Laufen viel besser ist.
Die Hölle, das sind die anderen Läufer
Schon bei Sartre heißt es: „Die Hölle, das sind die anderen“. Das hat er natürlich nicht in Bezug auf Sport gesagt. Ich weiß nicht, ob Sartre ein Läufer war. Wahrscheinlich war er zu beschäftigt, kluge Dinge zu schreiben, Andreas Baader in Stammheim zu besuchen und den Nobelpreis abzulehnen.
Der Satz wird in seinem Drama Geschlossene Gesellschaft von einer der Figuren geäußert. Es sind drei Personen, die sich nach ihrem Tod in einem verschlossenen Raum wiederfinden, ein bisschen schnacken und sich dabei das Leben ordentlich zur Hölle machen.
Was Sartre sicherlich auf die menschliche Gesellschaft bezogen wissen möchte, passt aber auch zum Laufen: die Selbstverwirklichung anderer Menschen hindert mich an meiner Selbstverwirklichung. Ein bisschen runtergefahren auf das Laufen bedeutet das: Wenn ich gemeinsam mit anderen laufe, muss ich auf die anderen Rücksicht nehmen oder die auf mich. Ich muss mein Tempo anpassen, ich kann also nicht einfach so schnell laufen, wie ich will. Ich kann mich nicht mit meiner Laufleistung selbst verwirklichen! Beim Laufen sind die anderen die Hölle.
Und glaubt mir: ich habe das selbst erlebt, als ich dem Kollegen Thore einmal ganz stolz meine Laufstrecke zeigen wollte. Kollege Thore hat nämlich die Ausdauer eines Brauereipferdes! Mit ihm mitzuhalten hat mich einiges an Puste gekostet, seine Normalgeschwindigkeit war zu dem Zeitpunkt noch meine Sprintgeschwindigkeit. Die Hölle, das sind die Mitläufer!
Einen Ausweg aus der geschlossenen Gesellschaft des gemeinsamen Laufens, wären Laufbänder die nebeneinander stehen, da kann jeder sein eigenes Tempo einstellen und trotzdem läuft man die ganze Zeit nebeneinander. Habe ich letztens erst mit Thore gemacht. Ich empfehle aber, nicht auf die Geschwindigkeit des Laufband-Laufpartners zu achten!
Andere Läufer erweitern den Horizont
Es ist ein schönes Gefühl, wenn man läuft und einem andere Läufer entgegen kommen, denen man freundlich zunickt und dann weiter seine Runden läuft. Das hat aber seine Grenzen, dann nämlich, wenn man aus dem Nicken gar nicht herauskommt und man sich vorkommt wie so ein Bubble Head. Wenn ich eine schöne Strecke gefunden habe, teile ich die mit einem guten Freund (und dem movescount Portal meiner Suunto Pulsuhr), aber ich will nicht, dass es auf meiner Strecke nachher zugeht wie rund um die Alster!
Unangenehm wäre es auch, wenn man sich eine phantastische neue Laufstrecke zeigen lässt und nach sieben Kilometern erfährt man, dass es eine 15-km-Strecke ist. Den Tag vorher hat man den Leg Day nicht ausfallen lassen und daher schwere Beine. Oh Weh. Was es mit dem Leg Day auf sich hat, könnt Ihr hier nachlesen.
Ich gebe aber gerne zu: sich einsam zu verlaufen, hat seine Schattenseiten. Aber so häufig kommt das nicht vor. Aber es kann passieren. Ich war vor einiger Zeit auf Island, dort bin ich auf einen dieser Krater gestiegen, den man auch umrunden konnte.
Auf dem Krater kam mir tatsächlich eine Joggerin entgegen und ich dachte mir: Wow. Was für eine tolle Idee! Vom Hotel zum Krater joggen, diesen einmal umrunden und zurück. Das Schild am Kraterfuß zeigte 3 km zum Ort an, also wollte ich den Weg schon einmal abgehen. Unglücklicherweise für mich zeigte das Schild nicht exakt in die Richtung des Weges und so habe ich mich ziemlich böse in einem Tuffstein-Feld verlaufen.
Es begann zu regnen, diese Tuffsteine sind nicht gerade angenehmer Untergrund und da habe ich mir tatsächlich gewünscht, nicht allein zu sein. Es hat mich dann auch nur drei Stunden und einige ziemlich böse Schnitte in den Handflächen gekostet, bis ich die ausgeschriebenen 3 km geschafft hatte. Ein Laufband oder eine kleine Routenplanung per Pulsuhr hätten mir das erspart.
Gemeinsam laufen für einen Roman
Für mich ein Trugschluss! Ich habe zwar selbst einmal geschrieben, dass ich gerne einen Eckermann hätte, also jemanden, der meine ganzen genialen Gedanken, die mir beim Sport kommen, notiert. Aber wenn ich laufe, bin ich meistens zu sehr außer Puste, um diktieren zu können. Da werde ich also keine Hochzeiten diskutieren und leider Gottes auch keine großen Roman diktieren. Ich muss bis nach dem Training warten und meine Gedanken selbst aufschreiben.
Beim Laufen lernen – da frag ich doch Simon!
Ich brauche doch keine anderen Läufer, die mich darauf hinweisen, wie blöd ich beim Laufen aussehe! Nene, dafür gibt es doch Simon. Der ist nun nicht nur dafür da, etwas zum Laufen zu sagen. Aber er kann es und zwar ziemlich gut. Und anstatt mir halbgare Tipps von meinen Mitläufern zu holen, frage ich doch Simon.
Letztens zum Beispiel: Ich lese nicht so gerne Korrektur, weil ich da immer denke: „das hätte ich aber besser gemacht“. Aber es ist Teil meines Jobs. Ich habe vor Kurzem einen Text von Simon zum Laufen gegengelesen und ich dachte manchmal: Das hätte ich aber besser gemacht, viel Öfter dachte ich aber: Oh, sehr interessant und habe es mir in mein kleines Sports-Journal geschrieben.
Wenn ich meinen Laufstil verbessern will, frage ich einen Spezialisten oder ich gucke in unserem youtube-Kanal nach, da habe ich zum Beispiel gelernt, wie ich richtig rudere!
Viel Spaß beim Laufen!
So und ich ruhe mich jetzt ein wenig aus, denn ich war gestern gut laufen mit einer wundervollen Zeit bei vertretbarem Puls und ich schätze, dass ich der erste bin, der Sartre und Joggen in Zusammenhang gebracht hat. Es war eine gute Woche! Viel Spaß beim Laufen – draußen oder auf dem Laufband, einsam oder gemeinsam!