Die Anforderungen, die das Handballspiel an die Sportler stellt, sind sehr komplex. Es ist ein schneller und sehr dynamischer Sport, bei dem aufgrund seiner Intensität alle konditionellen Fähigkeiten, zum Beispiel beim Laufen, gefordert sind. Oft geht es ohne Pause auf dem Feld hin und her. Gerade noch den Tempo-Gegenstoß gelaufen, muss man bei der schnellen Mitte schon wieder in der Abwehr stehen. Wie schaffen es die Handballer über eine lange Saison immer wieder ihre Leistung zu bringen?
Sportler können nicht ganzjährig im Hochleistungszustand sein. Ein Wechsel zwischen verschiedenen Belastungen bzw. zwischen Belastung und aktiver Erholung ist wichtig für einen langfristigen Erhalt der Leistung. Agieren die Sportler ständig im Bereich ihrer maximalen individuellen Belastbarkeit, so besteht die Gefahr enormer Leistungseinbußen. Das Wissen darüber verlangt nach einer strukturierten Einteilung des Trainingsjahres. Eine gut durchdachte Trainingsperiodisierung ist Pflicht!
Der Handballsport ist gekennzeichnet durch eine lange Saison mit meistens nur einer Vorbereitungsphase in der Zwischensaison und einer kurzen Winterpause, in der regeneriert und gleichzeitig neu aufgebaut werden muss.
Die SG Flensburg Handewitt absolvierte in der abgelaufenen Saison 58 Pflichtspiele im Zeitraum vom 11.08.2013 bis zum 01.06.2014. Es gab kaum Zeit zum Verschnaufen. Nur zwischen dem 27.12.2013 und dem 05.02.204 fanden keine Spiele statt. Im Schnitt spielte die Mannschaft somit 6-7 Pflichtspiele pro Monat.
Natürlich spielen wir nicht alle in der Handball-Bundesliga und absolvieren somit auch nur einen Bruchteil der Spiele. Grundsätzlich sollte die Trainingsvorbereitung allerdings ähnlich aufgebaut sein wie die der Profis und nur in Umfang und Intensität auf das jeweilige Spielniveau angepasst werden.
Der Jahreszyklus
Das Trainingsjahr wird in Vorbereitungs- und Wettkampfphase unterteilt und zielt darauf ab, die individuelle Höchstform der Sportler zu stabilisieren, damit sie in den zahlreichen Spielen ihre Leistung immer wieder abrufen können. Je nach Länge der Saisonvorbereitung und Spielniveau wird die Vorbereitungsperiode nochmal in einzelne Phasen unterteilt, in denen inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden.
Vorbereitungsperiode 1 (VP 1): Allgemeine konditionelle Grundlagenausbildung sowie die Verfeinerung technischer Fähigkeiten
Vorbereitungsperiode 2 (VP 2): Sportartspezifisches Training und spezielle wettkampfnahe Belastungen im Bereich Technik und Taktik
Die Vorbereitung bildet bei den Mannschaftsportarten die Basis für die gesamte Saison. Aufgrund der wöchentlichen Belastung bleibt z.B. für ein gezieltes aufbauendes Krafttraining sowie die Schaffung technischer, taktischer und konditioneller Voraussetzungen oft nur in der Saisonvorbereitung Zeit. In der Saison, zwischen den Spielen, wird der Fokus auf Taktik und die spezielle Vorbereitung auf den kommenden Gegner gelegt.
Bei Spitzensportlern ist das Ausgangsniveau des technisch-taktischen Leistungsvermögens bereits so hoch, das in dem Bereich der umfangbetonten, allgemeinen konditionellen Grundlagenausbildung (VP 1) keine Adaptationsvorgänge mehr hervorgerufen werden würden. Hier dominiert die wettkampfspezifische Belastung in der gesamten Vorbereitungsphase.
Individualsportler haben es bei ihrer Vorbereitung oft einfacher. Sie konzentrieren sich auf wenige wichtige Wettkämpfe im Jahr und gestalten ihre Vorbereitung speziell auf diesen Termin in mehreren Perioden. Der Nachteil: Läuft in der individuellen Vorbereitung etwas nicht nach Plan, ist ein Misserfolg oft vorprogrammiert. In den Ballsportarten liegt die Verantwortung auf mehreren Schultern und es spielt neben den körperlichen Leistungsvoraussetzungen auch die Mannschaftstaktik eine entscheidende Rolle für die Siege.
Damit die Vorbereitungsphase inhaltlich sinnvoll gestaltet werden kann, muss man sich im Vorfeld Gedanken über das Anforderungsprofil machen. Als Basis dienen die allgemeine aerobe Ausdauer und die allgemeine Bewegungsschnelligkeit. Neben den genannten Fähigkeiten werden auch spezielle Anforderungen an den Handballer gestellt:
Spezielle Anforderungen an die Schnelligkeit / Schnellkraft: Zyklische und azyklische Grundschnelligkeit, wettkampfspezifische azyklische Schnelligkeit, Schnellkraft (Würfe) und Reaktionsschnelligkeit (Start Gegenstoß)
Anforderungen an die spezielle Ausdauer: Aerob-anaerob gemischte Grundlagenausdauer und Spielausdauer sowie die anaerob-alaktazide Schnellkraftausdauer (bis 15 sek.).
Eine gute Grundlagenausdauer hilft dabei, nach hochintensiven Belastungen schneller zu regenerieren, während die spezielle Ausdauer als Basis für die Ermüdungswiderstandsfähigkeit von technischen und taktischen Handlungen dient.
Für eine gut ausgebildete anaerob-alaktazide Ausdauer muss im Trainings verstärkt Wert auf die Ausbildung der Maximalkraft gelegt werden.
Vergessen werden darf bei allen Überlegungen zu den Trainingsinhalten nicht „das Spiel“ an sich. Spielpraxis: sich in einer realistischen Spielsituation mit einem Gegner messen und das Geübte anwenden. Die Wichtigkeit von Trainings- und Testspielen innerhalb der Vorbereitung wird immer deutlicher. Spielpraxis sammeln und den Spaß, die Motivation der Spieler aufrechterhalten, denn eine eintönige und kräftezehrende Vorbereitung kann sich verdammt lang anfühlen.
Mit einer guten Saisonvorbereitung legt man den Grundstein für eine erfolgreiche Saison – es ist kein Zufall das viele Spiele in den Schlussminuten in der Bundesliga deutlich entschieden werden. Außerdem ist noch nie die laufstärkste Mannschaft abgestiegen…
Ich arbeite in der Vorbereitung vor allem an der Abwehr – denn der Angriff gewinnt Spiele, eine gute Abwehr die Meisterschaft.